Unterwegs im wilden Osten – Teil 2: Atomkrieg, Bunker und blamable Bauschäden

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Ich will Euch nicht bis nächsten Montag auf die Folter spannen. Diese brandheißen, bislang streng geheimen Fakten aus dem Osten müssen jetzt schon exklusiv im Montagsstammtisch Blog publik gemacht werden.
Bei unserer Expedition durch Ostdeutschland haben wir bislang streng geheime Schauplätze inspiziert: zivile, aber auch militärische Atombunker. Gesehen habe wir dabei die ganze Bandbreite von hoher Ingenieurs- und Architektur-Kunst bis hin zu grobem Unfung. Und das ist auch genau das Thema dieses Blog-Beitrags.

Man möchte meinen, ganz Deutschland hat sich im kalten Krieg eingebunkert: während in West-Berlin z.B. ein Bunker für 3000 Personen mal eben so aus Propagandazwecken errichtet wurde, hat man sich in der DDR auf die Errichtung militärischer Bunker konzentriert.

So hätten in den Bunker unterm KuDamm theoretisch 3000 Personen reingepasst. Vergessen hatte man dabei allerdings, dass die Personen auch irgendwie in den Bunker hineinkommen hätten sollen müssen … oder so. Will sagen: die Zugänge waren etwas knapp dimensioniert – von der Vorwarnung bis zur Detonation hätte man nur 8 Minuten Zeit gehabt, was sportlich ist wenn man nur ein einziges Treppenhaus für 3000 Personen einplant und wenn man dann noch am Eingang eine Schleuse für maximal 20 Personen einplant.

So ein Propaganda-Bunker ist halt eher ein theoretisches Konzept. Da darf man schon mal Annahmen treffen, wie z.B. „Wenn die Zugänge zu klein sind, dann nehmen wir halt einfach an, dass die 3000 Personen beim Atomschlag schon im Bunker drin sind„. Denn war mal erst mal im Bunker drin, dann hätte der aber auch alle Annehmlichkeit geboten, die der Mensch so braucht: Schlafgelegenheit, Waschräume und Versorgung mit Essen und Getränken. Na ja, genaugenommen hätte man vermutlich mit 8 Bettnachbarn im Umkreis von einem Meter eher weniger gut schlafen können. Noch dazu mit z.B. 1,96 m Körpergröße bei einer Liegen-Länge von nur 1,70 m. Aber egal – wer denkt im Atomkrieg schon an schlafen?

Viel wichtiger ist bei so einem Atomkrieg was gscheit’s zum Essen. Ach ja: Essen war eigentlich auch nur für Kranke und Kinder vorgesehen. Der Normal-Bunkerinsasse sollte eigentlich nur trinken. Wäre ja für nur eine Woche auszuhalten gewesen – ein längerer Aufenthalt war eh nicht vorgesehen. Alles in Allem also ein sinnvolles, durchdachtes Konzept. Wie gut, dass man von der Idee des Atomkriegs nach dem Kalten Krieg immer mehr abgerückt ist.

So ein Atomkrieg wäre durch die Bevölkerung vermutlich eh nicht gut angenommen worden – warum dann weiter in das nötige Equipment investieren?

Während man im Westen also eher Schwächen bei der Planung der Logistik im Bunker hatte, konzentrierte man sich im Osten eher auf die unüberlegte Planung des eigentlichen Bunker-Gebäudes.

Ein schönes Beispiel ist hierbei der Bunker am Kap Arkona, bei dem man sich einen baulichen Schnitzer geleistet hat. Betritt man den Bunker, so ist man sogleich irritiert durch die durchgehend niedrige Deckenhöhe von nur 1,70 m. Sofort denkt man an die Liegen-Länge von 1,70 m in West-Berlin, aber die Ähnlichkeit ist reiner Zufall. Hatte man in der NVA etwa sehr strenge Eignungs-Vorschriften für Soldaten? Versprach man sich durch die verpflichtung von maximal 1,70 m großen Soldaten irgendwelchen taktischen Vorteile im Kriegsfall? Verbrauchen kleine Soldaten etwa weniger des wertvollen Proviants? Oder atmen sie weniger Luft, so dass man die Filteranlagen mit weniger Sprit betreiben muß?

Alles Falsch.

Man hatte einfach beim Bau des Bunkers die Bodenbeschaffenheit falsch eingeschätzt. Es gab ein Problem mit der Entwässerung und der Dichtigkeit des Bodens, so dass man einfach den Boden etwas mit Beton aufdoppelte. Und wenn der Boden höher wird, dann hängt die Decke halt niedriger. Lustig stelle ich mir besonders die Szenen im Bunker vor, bei denen der Ranghörere Dienstgrad den Bunker betritt und alle Soldaten stramm stehen müssen. Das war für die Soldaten über 1,70 m vermutlich eine schmerzhafte Prozedur … auch mit dem schicken NVA Helm russischer Bauart.

Kommen wir zum Abschluß noch zum Bunker in Eichenthal, der eine Troposphären-Funkstation beherbergt. Das klingt ja zunächst mal sinnvoll. Hätte man im Kalten Krieg einen DDR Bürger gefragt, was im Falle eines Atomschlages am Wichtigsten ist, dann hätte er vermutlich gesagt: „Jö wenn de Atömkrieg kömmt, dönn bröch ma ois ersdes ön Dröbösferen-Fünkstatiöns-Bünka! Is doch lögisch!“ Und genau das hat sich die NVA auch gedacht und getan: Lichtung im Wäldchen gerodet, Loch gebuddelt und Troposphären-Funkstation reinbetoniert (vierfach redundant – man weiß ja nie).

Und jetzt kommts: man hat diesmal an alles gedacht: Ersatzantenne, Notstrom-Aggregate, Filteranlage, Schmelzsichere Schleusentüre … alles da. Es gab nur eine Kleine Panne: der Zugangstunnels wurde im Süden der der Anlage errichtet, der Eingang war allerdings im Norden. Und so kam es, dass man jetzt erst einmal unterirdisch um die ganze Anlage rumstiefeln muß, bevor man reinkann. Ein echtes Atomkriegs-Planungs-Schmankerl. Hätte man konsequenterweise auch beim Bauen den Atomraketen so gepfuscht, dann hätte man eigentlich überhaupt keine Bunker bauen müssen.

Und mit diesem Highlight schließe ich diesen Artikel und das Thema Atomkrieg endgültig ab – ist besser so.

Robert

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