Archive for the ‘Land & Leute’ Category

Manfred ißt Birne

Freitag, Februar 19th, 2010

Mal wieder ein wissenschaftlicher Beitrag, so wie wir Informatiker es lieben.

Der moderne, informierte Mensch, lässt sich ja heutzutage nur noch informieren. Nicht so wie im vergangenen Jahrhundert, als der wissenschaftlich interessierte Mensch nur durch harte Arbeit zu Erkenntnisgewinn kommen konnte. Da waren noch Gedanken- oder echte Experimente notwendig um zu neuen Einsichten zu kommen. Es wurden noch Äpfel und Bäume bemüht um sich die Welt zu erklären.

Zu Abstrakt? Beispiel: eine Wissenssendung im Deutschen Fernsehen behauptet, dass der Spitzenreiter auf der Bakterienverseuchungsskala der Spüllappen ist, dicht gefolgt von der Computertastatur – die Kloschüssel ist weit abgeschlagen. Kann man das glauben? Die Computertastatur vor der Kloschüssel? Wie könnte man das jetzt im Selbstversuch experimentell nachweisen? Zu eklig? Eben. Dann glaubt man doch aus bequemlichkeitsgründen einfach der Fernsehsendung. Zurück bleibt ein stiller Zweifel.

Doch irgendwann kommt jeder Zweifel mal wieder hoch. So kürzlich geschehen in der U-Bahn: mir gegenüber sitzt ein Mann mit einem Laptop auf dem Schoß. Die Computertastatur sieht mir recht sauber aus.

Glatte, hygienisch glänzende Plastiktasten. Wie soll sich da ein Bakterium halten? Auf so eine Taster gibt’s doch nix zu futtern! Als Bakterium rutscht man doch da runter, von diesem glatten Kunststoff. Dann fällt man als Bakterium in die Ritzen zwischen den Tasten. Da unten in den Ritzen kann man dann als Bakterium machen was man will. Aber mit den Fingern kommt dann keiner mehr dran. Wo ist also das Problem?

Der Mann mit dem Laptop – nennen wir ihn mal Manfred – unterbricht sein geschäftiges Tippen und kramt in seiner Manteltasche. Ziemlich speckiger Mantel. Er zieht eine Birne aus der Tasche und beißt herzhaft hinein. Eine kleine Birnensaftfontäne spritzt aus der Birne und legt sich als Birnen-Nebel gleichmäßig über die nähere Umgebung.

Manfred hat eine erstaunliche Birnen-Eßtechnik. Er ißt die Birne von unten. Das ddicke Ende der Birne verschwindet zuerst schmatzend in Manfreds Mund. Danach ein Kunstgriff: Manfred wendet die Birne um 180 Grad in Z-Richtung, so daß der Stiel nun nach unten weist, während der angebissene Birnenrest nun nach oben zeigt. Birnenmatsche auf den Fingern.

Manfred tippt mit einer Hand weiter auf der Tastatur. Manfred tippt mit einer Birnenhand weiter. Manfred tippt mit dem Birnenfingern der Birnenhand auf den glatten, sauberen Kunststofftasten.

Manfred saugt den Rest der Birne mit einer Zuzeltechnik von der Birnenachse. Birnensaft und Birnenfruchtfleisch an allen Fingern.

Manfred holt ein Stofftaschentuch aus seiner Manteltasche. Ein benutztes Stofftaschentuch. Manfred putzt seine Birnenfinger mit dem Taschentuch ab. Rotz auf Birnenfingern. Manfred tippt mit den Rotzbirnenfingern weiter. Manfreds Finger sind noch ein wenig klebrig. Manfred leckt einige Finger mit der Zunge ab. Manfred tippt mit Spuckerotzbirnenfingern.

Essen abgeschlossen. Konzentration. Manfred tippt sich wieder warm. Irgendwas juckt da im Ohr. Manfred bohrt im Ohr. Ohrenschmalz unter dem Fingernagel. Manfred tippt. Ohrenschmalz unter dem Nagel des Spuckerotzbirnenfingers.

Manfred denkt. Starrt in die Luft. Birnengeschmack im Mund. Manfred läßt seine Zunge über seine Zähne gleiten. Fasern! Birnenfasern zwischen den Zähnen! Manfreds Zunge rubbelt an den Zähnen. Manfred spült saugend Spucke durch seine Zahnzwischenräume. Die Birnenfasern sitzen fest zwischen den Zähnen.

Manfred bohrt mit seinem Ohrenschmalznagel im Zahnzwischenraum und entfernt die Birnenfasern. Manfred tippt. Spuckerotzbirnenfinger mit Zahnbelagschmalznagel auf der Tastatur.

Irgendwann steige stehe ich auf und verlasse die U-Bahn.

Ich glaube das mit den Bakterien im Spüllappen wird total überbewertet.

Wahlkampf in den USA

Donnerstag, August 28th, 2008

Präsidentschafts-Kandidaten

Princeton, 28.8.2008 – Ein etwa 40-jähriger Mann steht auf der Bühne in einer Halle mit ca. 10.000-20.000 Besuchern. Er hält eine Rede. Er erzählt von seiner Mutter, die bei einem Autounfall ums Leben kam. Er berichtet von seinem Vater, der jeden Tag zu ihm ins Krankenhaus fuhr und für ihn das Frühstück machte. Eine schwarze Frau wischt sich Tränen aus dem Gesicht. Nein – das ist nicht die Jahreshauptversammlung der anonymen Alkoholiker, das ist der Parteitag der Demokraten in den USA. Der Redner ist Joe Bidens Sohn. Sein Vater ist der Vizepräsidentschaftskandidat der Demokraten und sein Sohn wirbt für ihn. Das Hauptargument: So wie Biden für seine Familie da war, wird er für Amerika da sein. Die schwarze Frau mit den Tränen ist übrigens die Frau von Barack Obama. Und letzterer ist der Präsidentschaftskandidat. Nach der Rede seines Sohnes kommt Joe Biden auf die Bühne, nimmt seinen Sohn in den Arm und erzählt, wie verdammt stolz er auf seinen Sohn ist. Die Menge im Stadion jubelt frenetisch. Danach erzählt er 10 Minuten von seiner tollen Mutter, davon, dass er früher gestottert habe, aber seine Mutter ihm immer Mut zugesprochen habe und er deshalb die Welt führen möchte. Die Mutter sitzt auch in der Halle und lächelt etwas verlegen. Zuvor wurde Hillary Clinton von ihrer Tochter begrüßt und in den Arm genommen, danach nahm Biden seine ganze Großfamilie mit Enkeln und Mutter in den Arm, dann kam überrschenderweise auch noch Obama, herzte Biden, erzählte, dass Hillary rockt und küsste alle Familienmitglieder der Bidens, die so rum standen (das dauerte gefühlte 20 Minuten). Ein guter Kanidat zeichnet sich in den USA aus durch eine Familie, die er stolz anführt. 

Am zweitwichtigsten ist eine Vergangenheit als Patriot und Vorzeigeheld, am besten als Kriegsheld. Der Gegenkandidat von Obama McCain kann immerhin eine Vietnamkriegsgefangenschaft nachweisen. Herr Obama konntert mit seinem Großonkel, der im 2. Weltkrieg half, ein Konzentrationslager zu retten und zu vernichten.

Was bedeutet das für den Stammtisch: nur wenige Stammtischler gäben einen geeigneten amerikanischen Präsidenten ab. Gernot fällt schon mal aus: geschieden, Hermann ebenso: unverheiratet, kinderlos und fast alle Verwandten sind im Krieg verstorben. Robert war nicht bei der Bundeswehr sondern bei der Feuerwehr. Auch wenn die Feuerwehr seit 9/11 an Bedeutung gewonnen hat, ohne Soldatenerfahrung bist Du nichts in den USA. Am ehesten kämen wohl Berni und Frank als amerikanischer Präsident in Frage. Absolut vorzeigbare Familien, die man gut in den Arm nehmen kann. Doch Berni hat mit seiner österreichischen Staatsbürgerschaft zu kämpfen. Daran scheiterte zumindest die Bewerbung von Arnold Schwarzenegger um das Präsidentenamt. Immerhin kann Berni noch Governeur werden (siehe Arnold). Bliebe also nur noch Frank.

Inhaltlich muss ein Präsindentschaftskandidat der USA übrigens nicht groß auftrumpfen. Man redet ein bisschen von „Change“ und von dem Anspruch auf die Weltherrschaft und darf auf keinen Fall gegen die Todesstrafe sein. So jetzt schalte ich aber das Programm des Fernsehers mal um: von CNN auf den Sportkanal.  Oh nein – Baseball!!!!

Unterwegs im wilden Osten – Teil 2: Atomkrieg, Bunker und blamable Bauschäden

Donnerstag, Juni 19th, 2008

bunker.jpg 

Ich will Euch nicht bis nächsten Montag auf die Folter spannen. Diese brandheißen, bislang streng geheimen Fakten aus dem Osten müssen jetzt schon exklusiv im Montagsstammtisch Blog publik gemacht werden.
Bei unserer Expedition durch Ostdeutschland haben wir bislang streng geheime Schauplätze inspiziert: zivile, aber auch militärische Atombunker. Gesehen habe wir dabei die ganze Bandbreite von hoher Ingenieurs- und Architektur-Kunst bis hin zu grobem Unfung. Und das ist auch genau das Thema dieses Blog-Beitrags.

Man möchte meinen, ganz Deutschland hat sich im kalten Krieg eingebunkert: während in West-Berlin z.B. ein Bunker für 3000 Personen mal eben so aus Propagandazwecken errichtet wurde, hat man sich in der DDR auf die Errichtung militärischer Bunker konzentriert.

So hätten in den Bunker unterm KuDamm theoretisch 3000 Personen reingepasst. Vergessen hatte man dabei allerdings, dass die Personen auch irgendwie in den Bunker hineinkommen hätten sollen müssen … oder so. Will sagen: die Zugänge waren etwas knapp dimensioniert – von der Vorwarnung bis zur Detonation hätte man nur 8 Minuten Zeit gehabt, was sportlich ist wenn man nur ein einziges Treppenhaus für 3000 Personen einplant und wenn man dann noch am Eingang eine Schleuse für maximal 20 Personen einplant.

So ein Propaganda-Bunker ist halt eher ein theoretisches Konzept. Da darf man schon mal Annahmen treffen, wie z.B. „Wenn die Zugänge zu klein sind, dann nehmen wir halt einfach an, dass die 3000 Personen beim Atomschlag schon im Bunker drin sind„. Denn war mal erst mal im Bunker drin, dann hätte der aber auch alle Annehmlichkeit geboten, die der Mensch so braucht: Schlafgelegenheit, Waschräume und Versorgung mit Essen und Getränken. Na ja, genaugenommen hätte man vermutlich mit 8 Bettnachbarn im Umkreis von einem Meter eher weniger gut schlafen können. Noch dazu mit z.B. 1,96 m Körpergröße bei einer Liegen-Länge von nur 1,70 m. Aber egal – wer denkt im Atomkrieg schon an schlafen?

Viel wichtiger ist bei so einem Atomkrieg was gscheit’s zum Essen. Ach ja: Essen war eigentlich auch nur für Kranke und Kinder vorgesehen. Der Normal-Bunkerinsasse sollte eigentlich nur trinken. Wäre ja für nur eine Woche auszuhalten gewesen – ein längerer Aufenthalt war eh nicht vorgesehen. Alles in Allem also ein sinnvolles, durchdachtes Konzept. Wie gut, dass man von der Idee des Atomkriegs nach dem Kalten Krieg immer mehr abgerückt ist.

So ein Atomkrieg wäre durch die Bevölkerung vermutlich eh nicht gut angenommen worden – warum dann weiter in das nötige Equipment investieren?

Während man im Westen also eher Schwächen bei der Planung der Logistik im Bunker hatte, konzentrierte man sich im Osten eher auf die unüberlegte Planung des eigentlichen Bunker-Gebäudes.

Ein schönes Beispiel ist hierbei der Bunker am Kap Arkona, bei dem man sich einen baulichen Schnitzer geleistet hat. Betritt man den Bunker, so ist man sogleich irritiert durch die durchgehend niedrige Deckenhöhe von nur 1,70 m. Sofort denkt man an die Liegen-Länge von 1,70 m in West-Berlin, aber die Ähnlichkeit ist reiner Zufall. Hatte man in der NVA etwa sehr strenge Eignungs-Vorschriften für Soldaten? Versprach man sich durch die verpflichtung von maximal 1,70 m großen Soldaten irgendwelchen taktischen Vorteile im Kriegsfall? Verbrauchen kleine Soldaten etwa weniger des wertvollen Proviants? Oder atmen sie weniger Luft, so dass man die Filteranlagen mit weniger Sprit betreiben muß?

Alles Falsch.

Man hatte einfach beim Bau des Bunkers die Bodenbeschaffenheit falsch eingeschätzt. Es gab ein Problem mit der Entwässerung und der Dichtigkeit des Bodens, so dass man einfach den Boden etwas mit Beton aufdoppelte. Und wenn der Boden höher wird, dann hängt die Decke halt niedriger. Lustig stelle ich mir besonders die Szenen im Bunker vor, bei denen der Ranghörere Dienstgrad den Bunker betritt und alle Soldaten stramm stehen müssen. Das war für die Soldaten über 1,70 m vermutlich eine schmerzhafte Prozedur … auch mit dem schicken NVA Helm russischer Bauart.

Kommen wir zum Abschluß noch zum Bunker in Eichenthal, der eine Troposphären-Funkstation beherbergt. Das klingt ja zunächst mal sinnvoll. Hätte man im Kalten Krieg einen DDR Bürger gefragt, was im Falle eines Atomschlages am Wichtigsten ist, dann hätte er vermutlich gesagt: „Jö wenn de Atömkrieg kömmt, dönn bröch ma ois ersdes ön Dröbösferen-Fünkstatiöns-Bünka! Is doch lögisch!“ Und genau das hat sich die NVA auch gedacht und getan: Lichtung im Wäldchen gerodet, Loch gebuddelt und Troposphären-Funkstation reinbetoniert (vierfach redundant – man weiß ja nie).

Und jetzt kommts: man hat diesmal an alles gedacht: Ersatzantenne, Notstrom-Aggregate, Filteranlage, Schmelzsichere Schleusentüre … alles da. Es gab nur eine Kleine Panne: der Zugangstunnels wurde im Süden der der Anlage errichtet, der Eingang war allerdings im Norden. Und so kam es, dass man jetzt erst einmal unterirdisch um die ganze Anlage rumstiefeln muß, bevor man reinkann. Ein echtes Atomkriegs-Planungs-Schmankerl. Hätte man konsequenterweise auch beim Bauen den Atomraketen so gepfuscht, dann hätte man eigentlich überhaupt keine Bunker bauen müssen.

Und mit diesem Highlight schließe ich diesen Artikel und das Thema Atomkrieg endgültig ab – ist besser so.

Robert

Unterwegs im wilden Osten

Montag, Juni 16th, 2008

wilderosten.jpg 

Ja liebe Stammtischler,

wir haben es wirklich gewagt und sind in den wilden Osten Deutschlands vorgedrungen – und es hat sich gelohnt. Wir haben viele wundersame Dinge zu berichten.

Wäre da Punkt 1: das immer wieder verblüffende Berlin. Wir haben zwar nur vor einigen Tagen einige Tage hier verbracht, und verbringen nun nochmal einige Tage hier, aber diese wenigen Tage haben gereicht um schon ein Füllhorn an Erlebnissen hier auszuschütten. So sind uns an einem einzigen Tag folgende Menschengattungen begegnet: Zombies bei einer Demonstration am Brandenburger Tor, Piraten beim Abendessen an den Hackeschen Höfen, Hoola-Hoop Tänzerinnen mit einer spontanen Aufführung ihrer Künste und riesige Punkerhorden in Ihrer natürlichen Umgebung am Alexanderplatz. Gerade die Punkerhorden haben uns einige Tränen der Rührung in die Augenwinkel getrieben – gibt es doch in München nahezu keinerlei Punker mehr. Und wenn es welche gibt, dann nur noch Wochenend-Punker mit Bügelfalte in den – neu gekauften – zerissenen Designerhosen. Und außerdem hat man ja in München leider keinerlei natürliche Biotope mehr für Punker – der Sendlinger Tor Platz wurde ja leider von Punkern gereinigt. Es soll nur noch ein paar versprengte Punker in Thalkirchen geben, wobei der letzte vermutlich in unserer Abwesenheit von den Gruftis unter der Thalkirchner Brücke aufgefressen und gegrillt worden ist.

Soviel zu Berlin. Weiter im Text zum wilden Osten.

Man hatte uns ja vorgewarnt: entvölkerte Städte, abbruchreife Ruinen, alles voller Sachsen, aber auch mannigfaltige, unberührte Natur. Und was sollen wir sagen: es stimmt alles bis auf die Sachsen. Die Sachsen wohnen nämlich in Sachsen und nicht in Mecklenburg-Vorpommern – wie der Name schon sagt. Hätte man eigentlich durch Nachdenken selber drauf kommen können. A propos Sprache: Mecklenburg spricht man übrigens „Meeehklenburg“ aus, also mit langem „e“ und nicht wie man meinen könnte mit „Meck“ wie z.B. McDonalds.

Wenn wir gerade schon bei McDonalds sind – was nicht ganz stimmt, weil ich diese Zeilen bei Dunkin Donuts in die Tastatur hackere. McDonalds ist hier zwar bekannt, aber nicht weit verbreitet. Was hier weit verbreitet ist, ist folgender Aufbau von Kleinstädten: zwei Plattenbauten am Ortseingang, eine Ortsdurchfahrt (deutlich geräumiger als in unserern oberbayerischen Kleinstädten – ist ja klar, man hat auch mehr Platz hier), dann ein Döner-Imbiss gefolgt von einem Asia-Imbiss, dann das Ende des Ortes und kurz vor dem Ortsausgang noch ein Lidl. Die Menschen befinden sich dabei immer innerhalb der Häuser – nie draussen auf der Straße. Das ist ortsunüblich. Wir haben dieses Schema mehrfach verifiziert – zuletzt gestern. In unserem Ort konnten bei ca. 50 Häusern um 19:30 Uhr Abends keinerlei Menschen auf der Straße oder in den Gärten antreffen, obwohl nachweislich mindestens zwei Personen im Ort anwesend waren (einer grillte und der andere sah fern). Noch eine Anmerkung zum Thema Anwesenheit im Ort: als Einwohner ist man häufig auch komplett abwesend, d.h. man befindet sich außerhalb des Ortes. Das macht ein geschätztes Drittel der Einwohner so. Manche der Einwohner markieren vor dem Verlassen ihres Hauses noch die Tür mit einem Schild. Aufschrift: „Zu vermieten“ oder „Zu verkaufen“. Andere Einwohner gehen einfach und die Natur markiert diese Häuser durch nicht mehr vorhandene Dachziegel, kackbraune Fassaden, zerbrochene Fenster oder kleinen Birkenwäldchen in den Dachrinnen.

Ach Gott, die Zeit verrennt! Dann fasse ich mich kurz und bringe nur noch unsere Demut über die hier noch vorhandene Natur zum Ausdruck. Man hat mir als Kind ja oft vom Klapperstorch erzählt, aber ich hatte den geistig in der Kategorie „Märchen und Mythen“ einsortiert. Doch was soll ich sagen: es gibt ihn wirklich. Hier im wilden Osten marschiert der Weißstorch ganz selbstverständlich über die Wiesen und läßt sich die Frösche munden. Daneben stehen dann der Kranich und der Fischreiher und schauen ein bisserl in die Landschaft während oben drüber der Fischadler kreist. Und weil nur ein Adler ein bisserl wenig ist, drum gibts hier auch noch den Seeadler und ungefähr 300 andere Vogelarten – ein niederländischer Ornitologe hat versucht uns Wissen zu nur einigen der geflügelten Gesellen zu vermitteln, wir waren aber einfach zu unbewandert in diesem Gebiet. Hängen geblieben ist bei mir nur die Goldamme und die Feldlärche. Die Feldlärche konnten übrigens einige der Stammtischler bei einer Radltour bewundern. Robert machte darauf aufmerksam, aber keiner der anwesenden anderen Stammtischler war in der Lage das Tier a) zu sehen oder gar b) zu hören. Armes Restdeutschland – so wenig Ahnung haben wir von Ornithologie. Schande über uns.

So, wir begeben uns jetzt in ein Fischlokal um etwas Nahrhaftes zu uns zu nehmen. Ich könnte hier noch anfangen über Fisch zu philosophieren, aber das ist ja wieder eines dieser Wissensgebiete, über die in Süddeutschland niemand etwas weiß. Für uns gibt’s halt nur eine Fischsemmel am Viktualienmarkt – was der Unterschied zwischen Matjes, Hering, Rollmops oder Bismarck-Hering ist, weiß doch kein bayerischer Mensch. Ist vermutlich auch nicht so wichtig, weil zum Bier eine Brezn mit Obatztem und ohne Fisch halt viel besser schmeckt.

Den Rest über die Getreidefelsen (oder so ähnlich), Industrieruinen und Atombunker erzählen wir Euch dann besser persönlich.

Viele Grüße

Robert und Illi

Sandsturm über Peking

Mittwoch, Mai 28th, 2008

Peking bei Smog

Peking, 28.5.2008 – eigentlich sollte heute die Sonne scheinen über Peking. Doch stattdessen liegt eine riesige Dunstglocke über der Stadt. Und was auffällt: Der Dunst ist ganz rötlich gefärbt. Das liegt daran, dass mal wieder Sand aus der mongolischen Wüste mit dem Wind nach Peking getragen wurde. Man sieht den Sand überall, besonders auf Autos. Mir fiel es schon heute früh auf, als ich das Auto sah, mit dem ich abgeholt wurde. Der Lack war von einer dünnen Sandschicht bedeckt.
Ich wurde nämlich heute von einem Chauffeur zu einem Kunden außerhalb Pekings gefahren mit einem BMW, der in China gefertigt wurde. Dieser BMW ist 50 cm länger als der in Deutschland. Man genießt eine unglaubliche Beinfreiheit. In China baut man die teuren Autos so, da die reichen Leute hier nicht wie in Deutschland selber fahren, sondern eben einen Fahrer haben und deshalb hinten sitzen. So wie ich diesmal auch. Ich meinte natürlich, dass das nicht nötig wäre. Doch ich wurde wieder eines besseren belehrt. Von einem leitenden Angestellten wird nämlich erwartet, dass er in einem großen Auto mit Chauffeur zur Arbeit kommt. Kommst Du mit einem Golf daher, nehmen Dich die Leute nicht ernst und Du wirst auch entsprechend behandelt. Mit dem Fahrrad zur Arbeit kommen ist ganz schlecht. Dann meinen die Chinesen, Du wärst ein einfacher Lieferant. Für meine Position sei also ein BMW mit Fahrer angemessen. Und mit Fussfreiheit! Nun gut. Man lernt nie aus! Ich möchte gern wissen, welches Auto für meinen Chef angemessen wäre. Vielleicht ein um 2 Meter verlängerter Audi mit Fähnchen. Apropos Audi. Diese Autos sind hier auch länger als in Deutschland. Und man sieht sie überall. Audi verkauft sich noch besser als Mercedes und BMW in China. Chinesen haben eben Stil! Mit der U-Bahn kann man hier auch kaum fahren. Erstens gibt es nur wenige Linien. Und zweitens kommt man nicht hinein. An Sitzplätze darf man gar nicht denken! Dann doch lieber Beinfreiheit – auch wenn man meist im Stau steckt. Einen Eindruckvon dem Gedränge in der U-Bahn bekommt Ihr hier: U-Bahn China.

Peking und sein Essen

Dienstag, Mai 27th, 2008

Chinesisches Essen Yao Ming

Peking, 27.5.20 08 – der nächste Reisebericht aus Peking. Heute ging es zum Essen in ein feines Restaurant. Das erste Problem beim Essen gehen mit Chinesen ist das Bezahlen. Nicht weil es teuer wäre, sondern weil man fast 45 min darüber diskutieren muss, wer nun wen einlädt. Am Ende konnte ich mich durchsetzen. Die Chinesen haben dafür ein Lokal ausgesucht – ein thailändisches, kein chinesisches! Sie dachten, das wäre was total Neues für mich. So waren sie dann doch enttäuscht, als ich von meiner Reise nach Thailand erzählte. Das nächste Problem ist das Bestellen. Denn es bestellt nur einer. Die anderen schauen gar nicht mal in die Karte. Man ist dem Besteller also völlig ausgeliefert. Ich hab keine Ahnung, was ich da also mal wieder gegessen habe. Besser so. Außerdem muss man wissen, dass man immer mindestens ein Gericht mehr bestellt, als Personen am Tisch sitzen. Das liegt daran, dass man nicht aufessen darf. Es muss also immer mindestens eine Portion in Summe übrigbleiben. Denn isst man auf, dann heißt das, das man nicht satt ist und dann wird weiter bestellt, bis man etwas übrig lässt. Das ist übrigens beim Bier trinken genauso. Ich habe das erst nach dem 7. Glas festgestellt.
Das Essen funktioniert so: Man isst von allem, was so herum steht. Alles gehört jedem. In diesem Fall ist China doch noch sehr kommunistisch. Wenn es nicht schmeckt, spuckt man es einfach auf den Tisch. Das machen die Chinesen tatsächlich so. Keine Ahnung, ob das auch mit dem Kommunismus zusammenhängt.
Ich war später erstaunt, als ein Fisch geliefert wurde, der nicht zerlegt war, denn wie soll man das denn mit den Stäbchen schaffen? Noch verwunderter war ich, als ich feststellte, dass meine Chinesen gar nicht von dem Fisch assen, sondern nur die Soße nahmen. Dann kam auch noch plötzlich die Bedienung und nahm den Fisch wieder mit. Aber keine Angst, der Fisch kam danach irgendwann zerlegt wieder zurück. Man hat mich dann aufgeklärt, dass der Fisch erst mal im Ganzen gezeigt werden muss. Das schaue ja so toll aus. Aber von der Soße darf man natürlich gleich kosten. Wenn etwas nicht in den Mund passt, dann nimmt man es mit den Stäbchen, und knabbert einfach mal so dran herum. Einmal habe ich etwas Grünes gegessen, das man hätte nicht essen sollen. Das wäre nur Dekoration, wurde mir gesagt! Aber das lässt sich als Deutscher kaum unterscheiden.
Anschließend wurde wieder um die Wette geschlürft und weiter gespuckt. Der Tisch sah aus wie ein Schlachtfeld. Kinder hätten einen Heidenspaß hier! Es war übrigens ein ganz berühmtes Restaurant. Überall hingen Fotos von chinesischen Stars, die schon das Restaurant besucht hatten. Die Chinesen waren ganz erstaunt, dass ich zuerst von keinem den Namen wusste. Zu meiner Entschuldigung konnte ich nur anführen, dass in Deutschland, chinesisches Fernesehen kaum gesendet würde und deshalb die lokalen Stars nicht ganz so bekannt seien. Ich konnte ja schwer sagen, dass die alle gleich aussehen! Um so glücklicher waren meine Chinesen dann, als ich den chinesischen Basketballstar Yao Ming erkannte. Da war die Welt wieder in Ordnung. Ihr seht, meine Sportbegeisterung hilft auch in kritischen Situationen weiter. Was hättet Ihr denn da gemacht? Oder kennt Ihr auch Yao Ming? Das ist der von den Plakaten, die hier überall hängen. Wer dazu mehr wissen möchte, kann sich ja den Vorbericht durchlesen!

Peking im Olympiafieber

Montag, Mai 26th, 2008

Modernes China (SIEMENS)Modernes China (Stadion)Traditionelles China                  

Peking, 26.5.2008 – Es ist heiß hier in Peking, verdammt heiß. Und vor allem schwül und stickig. Da läuft einem innerhalb von Sekunden der Schweiß von der Stirn, wenn man zu Fuß unterwegs ist. Gott sei Dank sind heute noch nicht die Olympischen Spiele. Denn Sport will man eigentlich bei so einem Wetter nicht machen. Auch die Bauarbeiter schwitzen. Und Bauarbeiter gibt es derzeit unzählige in Peking. Denn überall wird gebaut. Alles ist neu hier: natürlich das Stadion aber auch das Terminal 3, bei dem man aus München kommend landet, oder der SIEMENS-Tower. All diese Gebäude verleihen der Stadt ein modernes Aussehen. Dafür verschwinden leider immer mehr die traditionellen Häuser. Gestern war ich auf einem Antiquitätenmarkt. Der hatte noch was von dem alten, asiatischen Flair.
Ansonsten lächelt einem in dieser Stadt von jedem Plakat entweder Yao Ming oder Bruce Lee entgegen. Sie werben für die Olympischen Spiele selbst oder für die Kreditkarte, mit der man bei den Olympischen Spielen zahlen kann oder für das Essen, das man bei den Olympischen Spielen essen soll. Überhaupt ist alles Olympia hier. Ich kann das Logo und das Maskottchen schon nicht mehr sehen.
Da gehe ich doch lieber in das Pekinger Paulaner Bräuhaus und bewundere die zierlichen Chinesinnen, die ein Dirndl leider nicht so ausfüllen, wie man sich das als Bayer vorstellt. Doch gegessen und getrunken wird natürlich in einem richtigen chinesischen Restaurant. Da weiß man wenigstens nicht, was man isst. Dafür schaut alles ganz bunt aus. Das Tsing-Tao Bier mundet auch recht gut. Bei diesem Wetter drückt man natürlich auch das eine oder andere Auge beim zu Trinken.
Euch viel Spaß beim Stammtisch heute abend. Trinkt ein Helles für mich mit!