Corona Exil 2020 (5) – Reintegration

Ich hatte einen Corona-Alptraum: München reißt am 19.9.2020 den Corona-Grenzwert von 50 Neuerkrankungen pro 100.000 Einwohner. Die bayerische Staatsregierung reagiert mit einem drastischen Beschluss: Münchner müssen ins Exil in den Ruhrpott. Ein haarsträubender Schicksalsbericht.

Während wir in die Endphase unserer Ruhrpott-Integration einschwenken, schwankt man in Bayern wohl bezüglich der Corona-Maßnahmen. Anders ausgedrückt: man eiert herum.

Unsere Ernährung haben wir nun vollständig auf Spezialitäten wie Currywurst und Pommes umgestellt. Beim mangelnden Brezensalz nörgeln wir dagegen weiterhin herum.

Auch sprachlich haben wir uns weitestgehend angepasst. Statt „Breznsalzer“ sagen wir jetzt „Kackstelze“ oder „Gesichtskasper“. Auch die Grammatik haben wir verinnerlicht. Auf Fragen wie „Warum sind Sie hier im Ruhrgebiet?“ antworten wir zum Beispiel „Das ist weil wegen infektiös.“, weshalb man uns immer öfter für Einheimische, oder zumindest für Polen hält (also quasi-einheimisch).

Gerüchtehalber droht uns nun die Rückführung nach Bayern mit Reintegration. Man munkelt, dass der bayerische Ministerpräsident den Reimport von Bevölkerung aus Bundesländern mit niedriger Inzidenz erwägt. Da unser aktueller Wohnort derzeit eine 7-Tage-Inzidenz von nur 22 vorweisen kann, sind wir damit exzellente Kandidaten für die Rückführung.

Aber bevor wir zurückkehren müssen wir noch alles gesehen haben, was der Ruhrpottmensch für charakteristisch für die Region hält. Was das wäre, kann man am Sitzbezug in der S-Bahn sehen:
Fußball, Wellen, Bremsspuren, dreiblättrige Kleeblätter, Fabriken, Morgensterne, Elefanten, Herzen und drei Kackhaufen.

Alle Ruhrpott-Sehenswürdigkeiten auf dem S-Bahn Sitzbezug

Unsere Bilanz:
Fußball: check! Spielende Kinder in der Essener Fußgängerzone
Wellen: check! Duisburger Nordhafen
Fabriken: check! Zeche, Kokerei, Hütte
Morgenstern: check! Krupp (also Waffen)
Elefanten: check! Duisburger Nordhafen (da gibt’s alles)
Drei Kackhaufen: check! (siehe Elefant)

Fehlt noch Bremsspur, Kleeblätter und Herzen.
So nehmen wir uns ein Herz, hauen beim Fahrradfahren die Bremse rein, und fahren zurück ins schöne Bayernland, denn da sind die Wiesen grüner, der Klee ist fetter, und die Brezn haben noch ordentlich Salz drauf.

München, wir kommen!

2 Responses to “Corona Exil 2020 (5) – Reintegration”

  1. Hermann Friedrich sagt:

    Ich drücke Euch die Daumen, dass Ihr rückgeführt werden könnt! Diese salzlosen, glänzenden Brezn kann man ja wirklich keinem Bayern zumuten!

  2. Hermann Friedrich sagt:

    Sehr komisches Land, dieser Ruhrpott! Duisburger Hafen kenne ich noch von Schimanski! Habt Ihr den getroffen oder wenigstens seine Jacke?